Marion Sand - GRÜNE Direktkandidatin im Bundestagswahlkreis 92

Marion Sand: “Klimaschutz – alles ist drin – wir können es schaffen”

Wir stehen an einer Epochenwende. Es gab und gibt keine Aufgabe, die die Menschheit vor dermaßen große Herausforderungen stellt wie die Bewältigung des Klimawandels, denn alle Menschen sind davon betroffen. Was wir zurzeit zum Beispiel aus Westkanada hören, wo es normalerweise ungefähr zehnmal so viel regnet wie in Deutschland, nun aber die Wälder brennen, Ortschaften von Feuerstürmen vernichtet werden, Menschen und unzählige Tiere sterben, kann uns durchaus beängstigen. Letztes Jahr waren es verheerende Brände in Australien oder auch bei uns in Brandenburg. In der Eifel sind aufgrund der letzten drei trockenen und zu heißen Sommer die Fichtenbestände schlicht tot. 44% des Gesamtwaldbestandes allein in NRW ist geschädigt, die Baumkronen selbst der robusten deutschen Eiche sind gelichtet usw. usf.

Insofern hat uns das zuletzt Ende April ereilte Urteil des Bundesverfassungsgerichts nochmals drastisch vor Augen geführt, dass die bisherigen Klimaziele im Klimaschutzgesetz unzulänglich waren und neu aufgestellt werden müssen.

Dem ist die Bundesregierung geradezu euphorisch nachgekommen, und hat in einem für sie bemerkenswert untypischen Zeitraffertempo neue Ziele aufgestellt, nur mit Inhalten sind diese noch nicht gefüllt worden. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Das sollte allen bekannt sein, vor allem natürlich den verantwortlich Handelnden, den Politiker*innen.

Wo stehen wir zurzeit?

Die Welt emittiert 37 Mrd. Tonnen CO2 pro Jahr, Deutschland ist mit satten 750 Mio. Tonnen als einer der größten Emittenten weltweit daran beteiligt, in Europa an führender Stelle, weltweit an Sechster Stelle und pro Kopf mehr als China. Um einen maximalen Anstieg der globalen Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, müssen wir in den nächsten 25 Jahren auf Netto Null kommen. Eine andere Option ist nicht vorhanden, besser eigentlich noch früher, und besser, wir blieben unter 1,5°C. Inzwischen sind wir nämlich schon bei 1,2° und wir nähern uns jetzt schon den sogenannten Kipppunkten, d.h. dem unwiederbringlichen Abschmelzen der Gletscher und des Nordpols, dem Verlust von Biodiversität, dem Versauern der Weltmeere, dem Auftauen von Permafrostböden.

Haben wir überhaupt noch die Chance, das Rad herumzureißen?

Ja durchaus. Allerdings müssen wir ambitioniert sein, sonst gelingt es nicht. Denn CO2, ist es erst einmal in der Atmosphäre, verbleibt dort und verstärkt den Erwärmungseffekt. Und vorerst wird das auch der Fall bleiben, solange keine Hightech Carbon Capture-Verfahren in Serie gehen können, solange Wälder, Meere und Moore, die CO2 binden, brennen oder abgeholzt werden, Moore austrocknen oder Permafrostböden auftauen. Wir GRÜNE haben mit unserem Wahlprogramm diese und viele soziale Fragen, die damit im Zusammenhang zu sehen sind, klar und präzise adressiert.

Was steht alles drin, in unserer Agenda?

Klimaschutz ist Wohlstandsschutz! Wenn wir das Klima nicht schützen werden, nicht können oder nicht wollen, werden wir unseren Wohlstand verlieren. Die Folgekosten und die Beeinträchtigung unserer Lebensqualität sind kaum abschätzbar. Alles, was wir auf die lange Bank schieben, holt uns mit doppelter Wucht wieder ein.

Wie können wir das Rad herumreißen?

Ganz simpel gesagt, zuerst müssen die Erneuerbaren Energien zügig und konsequent ausgebaut werden, mit Windkraft an Land und auf See und mit Photovoltaik auf Dächern, auf Freiflächen, Brachflächen oder sonstigen Konversionsflächen. Wir wollen ein 1-Million-Solardächer-Förderprogramm bis 2025 auflegen, wir wollen 2 Mio. Wärmepumpen fördern, wir wollen Elektromobilität ab 2030 zur Norm erheben, wir wollen den ÖPNV ausbauen.

Fünf relevante Handlungsfelder sind dabei in den Blick zu nehmen: Energie, Verkehr, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft.

Auf Basis zahlreich vorliegender wissenschaftlicher Expertisen haben wir folgende Ziele benannt:

Im Energiebereich soll der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis 2030 auf 70% steigen, Wasserstoff und Wärmenetze sollen ausgebaut werden. Um diesen Ausbau zu beschleunigen, wollen wir den CO2-Preis als Steuerungselement sukzessive erhöhen. Wichtig dabei ist, dass dieser Preis an die Bevölkerung pro Kopf zurückerstattet werden soll. Es gilt hier das Verursacherprinzip. Genauso sehen wir die Aufteilung der Heizungskosten infolge des CO2-Preises. Eine alleinige Aufbürdung auf die Mieter*innen lehnen wir kategorisch ab. Wir wollen stattdessen Vermieter*innen anregen, ihre Heizungsanlagen zu erneuern, und möchten die Kosten dritteln: 1/3 Vermieter*innen, 1/3 Mieter*innen, 1/3 zahlt der Staat durch steuerliche Förderung.

Im Verkehrsbereich müssen wir endlich zu einer CO2-Reduktion kommen, denn dies ist der einzige Sektor, in dem es seit 1990 keinerlei Veränderung gegeben hat, trotz Verringerung im Spritverbrauch bei den PKWs. D.h. der Verkehr hat stetig zugenommen. NRW ist Stauland Nr.1. – Wir müssen dies ändern: mehr Verkehr, mehr Güter auf die Schiene, mehr und preiswerten ÖPNV, vor allem in den ländlichen Bereichen, Ausbau von Fahrradwegen, all dies mit CO2-neutraler Energieversorgung. Eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf den Autobahnen ist dabei nur ein Aspekt – nebenher mit dem Effekt der Reduktion schwerer Unfälle.

Deutschland ist ein hochentwickelter Wirtschaftsstandort, und das soll auch so bleiben oder sogar noch besser werden. Eine zukunftsfähige Ausrichtung im globalen Wettbewerb kann nur gelingen, wenn wir gemeinsam mit der Wirtschaft industriellen Klimaschutz angehen. Teilweise geschieht dies auch schon: Shell hat ambitionierte Pläne zur Wasserstofftechnologie, wofür übrigens ausreichend grüner Strom gebraucht wird, VW will mit E-Autos mit bidirektionalem Laden ab 2022 serienreif starten. Fahrzeuge würden nebenher zu “Stehzeugen” mit Batteriespeicher fürs Haus umfunktioniert werden und die Frage nach Elektrospeichern für die Gebäude könnte auf diesem Wege gleich mit gelöst werden. Wir müssen Gebäude klimaneutral bauen. Auch Bestandsgebäude sollen mit Fördermitteln entsprechend umgerüstet werden.

In der Landwirtschaft sollen weniger Pestizide zum Einsatz kommen, Tierwohl Berücksichtigung finden, kleine Betriebe existenziell gesichert werden und vor allem die Transformation in eine ökologische, klimaverträgliche Landwirtschaft vorangebracht werden.

Dies wäre der grobe Rahmen der inländischen Maßnahmen zur Realisierung eines Systemwandels auf der Basis des ‚green deal‘ der EU und gemeinsam mit dem gott-sei-dank neuen Bekenntnis der US-Administration zum Klimaschutz. Auch der derzeit weltgrößte CO2-Emittent China bekennt sich zur Einhaltung der Pariser Klimaziele.
Wir GRÜNE sehen uns gemeinsam mit den Staaten der EU in einer Vorreiterrolle für internationale Standards und Innovationen.

Die Umsetzung der Klimaziele jedoch als ‚rücksichtslos‘ zu bezeichnen, wie dies Herr Seif von der CDU jüngst gesagt hat, ist geradezu absurd und, um darauf zu reagieren, schlichtweg “verantwortungslos”.

Nebenher gesagt: die CDU verspricht in ihrem Wahlprogramm blühende Landschaften des Wohlstands und des Wachstums. Sie verrät nur nicht, wie dies vor dem Szenario des Klimawandels vonstatten gehen soll.

Marion Sand

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